Am Rhyn Haus in Luzern – Statische Aufgabe an den Holzkonstruktionen 2016 – 2017 – (LU)

Pressemitteilung

Das Am-Rhyn-Haus, entstanden im 17. Jahrhundert, gehört zu den wichtigsten Bürgerhäusern in Luzern und steht unter Denkmalschutz. Es steht zum Teil auf instabilem Baugrund, was immer wieder zu statischen Problemen geführt hat. Bereits 2011 und 2012 wurden die Dächer und die Aussenfassade saniert sowie statische Massnahmen an der Fassade durchgeführt.

Neue Risse und Senkungen

Laut einer Medienmitteilung der Stadt Luzern wurden bei jüngsten Untersuchungen für eine anstehende Innensanierung neue Risse und Senkungen gefunden. Diese seien Spätfolgen vergangener Sanierungen aus den Jahren 1785/86, als das Hinterhaus durch Umbauten an den damaligen Zeitgeschmack angepasst wurde. Insbesondere der Einbau der Cheminéeanlagen im östlichen Gebäudeteil dürfte massgeblich für die Schäden verantwortlich sein. Sondierungen und Messungen im Dezember 2015 hätten gezeigt, dass Sofortmassnahmen unumgänglich seien.

Zuerst wird die Holzkonstruktion bei den Arkaden von unten her abgestützt und um drei bis fünf Zentimeter hochgedrückt. Damit werde eine Entlastung der Tragkonstruktion des Hauses um rund 1,5 Tonnen erreicht, heisst es weiter. Dieser Prozess dauert drei bis sechs Monate. Die Bewegungen während des Anhebens werden kontrolliert und überwacht.

Anschliessend wird der südöstliche Gebäudebereich statisch saniert. Dazu muss ein Wandstück im Erdgeschoss abgebaut und neu erstellt werden. Zusätzlich müssen zwei beschädigte Balken über den Arkaden durch Stahlträger ersetzt, der Bodenaufbau über den Arkaden erneuert sowie ein neuer Schiebeboden eingebaut werden.

Stadtrat bewilligt Sanierungskredit

Der Stadtrat hat für die Sofortmassnahmen einen Kredit von 1,225 Mio. Franken bewilligt. Am Mittwoch, 25. Mai 2016, wird mit der Sanierung der Statik begonnen. Die Arbeiten sollen voraussichtlich anfangs 2017 abgeschlossen werden. Ende 2016 werde der Stadtrat dem Parlament ein Konzept für die Innensanierung wie auch ein Nutzungskonzept für das Gebäude vorlegen.

Seit dem Auszug des Picasso-Museums 2008 wird das Haus nur wenig genutzt. Das neue Konzept solle dem engen historischen, baulichen und funktionellen Zusammenhang mit dem Rathaus Rechnung tragen, schreibt die Stadt.

Vom Voruntersuch zu den statischen Massnahmen

Texte von Ambrosius J.R. Widmer / Peter Egloff

Am 3. Juni 2015 fand  ein erster Augenschein im Am-Rhyn-Haus statt. Dabei ging es in erster Linie um die sich senkende Wand zwischen den Eckzimmern Südost und den Stuben in allen Geschossen. Diese haben sich massiv gesenkt. Am 30. Juli 2015 fand eine Begehung und Besprechung vor Ort mit Architekt und Ingenieur und der Immobilien Stadt Luzern statt. Bei dieser Besprechung wurde in erster Linie über den Bestand und Zustand der Kaminanlage Ost sowie erdenkliche Sondageöffnungen diskutiert. Bei der zweiten Begehung wurden bereits die möglichen Sondageorte erörtert, diskutiert und auf zwei vertretbare Sondageorte festgelegt. Des Weiteren wurden auf Anregung vom Ingenieur  am 16./17. September 2015 Deformationsmessungen am Rathaus und am Am- Rhyn-Haus durch das Geoinformationszentrum der Stadt Luzern ausgeführt.

Alle Ergebnisse der Begehungen und Untersuche sind in Dokumentation aufgeführt, vom Bestand und Zustand bis zu den Vorschlägen des weiteren Vorgehens. Diese umfassen erste Empfehlungen und Massnahmenvorschläge. Die Dokumentation soll mit weiteren Untersuchungen und Massnahmen fortgesetzt werden. Sie soll als Arbeitsgrundlage dienen.

Massnahmenempfehlung

Deckenbalkenlage über Kellergeschoss UG / 01.10.2016

Detailliertes Überprüfen der Deckenbalkenlage über den Arkaden, insbesondere der drei bis vier östlich der in Stahl gehaltenen Verstärkung Ost. Massliche Überprüfung der Balkenlage und Eintragung in die bestehenden Pläne. Überprüfen der Binnenwandschwellen und deren Wandaufbau im Erdgeschoss und den oberen Geschossen. Im Erdgeschoss sind Sondagen im Schrank des Zimmers 201 gegen Zimmer 200 und von unten im Schiebeboden angedacht. Dies als Zusammenfassung einer Auslegeordnung mit Peter Egloff und Ambrosius Widmer. Erarbeitung des Massnahmenkonzeptes zur Sicherung und Verstärkung der durchhängenden Deckenbalken. Eventuell ist eine Abspriessung/Sicherung der massiv durchhängenden Deckenbalken über den Arkaden, Kellergeschoss/UG dringend zu empfehlen.

Binnenwände in den Obergeschossen

Kleine Sondagen im Bereich der Türöffnungen in der Quer- und der kurzen Längswand beim Kaminzug. Kartierung mit Befund- und Massnahmenkatalog erstellen.

Ofenunterbau

Der Zustand des Unterbaus des Ofen in der Stube 202 im EG ist mit Sondagen, wie es auch im Porträtsaal des Rathauses geschah, zu überprüfen.

Sondagen mit Bauteiluntersuchung und Feststellung des Schadensverursachers – Neue Erkenntnisse 07.09.2016

Es sind weitere Bauteilschäden an der Binnenlängswand und an der Gefügetragstruktur der angrenzenden Wände im Raum 200 und 201 aufgetaucht . Die Schadensverursacher sind der Kamineinbau von 1785/86 und der Einzug von Installationsleitungen von 1977/78. Beim Leitungseinzug wurde über alle drei Stockwerke die Wandkonstruktion mit Kaminanschluss getrennt. Bei der Leitungsführung wurden massive Eingriffe in die Kamineckvermauerung gemacht.

Am Turmofen in Raum 402 sind neue Schäden an den Kacheln entstanden. Die Standschicht des Ofens ist unstabil und es wird empfohlen als Sofortmassnahme den Turmofen umgehend abzubauen.

Arbeitstreffen zum Thema Stuckdecken und Wände, Istzustand nach Freilegung des betroffenen, relevanten, statischen, Schichtengefüges.

Neue Erkenntnisse

Es braucht zusätzliche Sondagen an den Decken und an den Wänden im Raum 200 – 201, 300 – 302, 400 – 402. Diese sind nach Möglichkeit mit Bohrlöchern und dem Einsatz eines Endoskops zu tätigen. Zusätzlich werden die Balkenwechsel um den Kamin im Raum 201 freigelegt, dazu sind Notsicherungsmassnahmen an der Stuckdecke Raum 200 – 201 notwendig.

Im Raum 402 sollte an der Binnenquerwand die Stofftapete entfernt werden, damit die darunterliegende, statische Konstruktion beurteilt werden kann. Es wird befürchtet, dass beim Hochpressen die wertvolle Stuckdecke tangiert wird. Ebenfalls wird in diesem Zusammenhang ein Rissprotokoll der Aussenfassade empfohlen.

Die betroffenen und beteiligten Personen werden umgehend informiert. Vor Ort werden die erwähnten Befunde und angedachten Massnahmenschritte dargestellt und referiert.

Das statische Gefüge ist nicht stabil…

Bei der Besprechung vor Ort am 27. Oktober 2015 mit dem Ingenieur und Holzrestaurator wurde folgendes festgehalten: Eine akute Einsturzgefahr besteht nicht, da sich die kurze Wand zwischen Aussenwand in Bruchsteinen und der Mittelquerwand mit allen Wandaufbauten verkeilt. Die Schadensbilder, mit der herausgeschälten Befundsituation, weisen eindeutig auf eine weitergehende Absenkung des vorhandenen Schichtengefüges hin. Aus diesem Grund ist es zwingend notwendig, den Bestand zeitnah zu konsolidieren / stabilisieren, um die ablaufenden historisch wertvoll eingestuften Bauteile wie: Stuckdecken, Wandverkleidungen und Bodenbeläge in allen Geschossen nicht noch mehr statisch zu belasten.

Weiter vertiefende Untersuchungen – Planung Massnahmen GO60

Um die Möglichkeit der Gefügekonsolidierung zu planen und auszuführen, sind Detailpläne im Bereich der Schadenzone zu erarbeiten. Es braucht einen genauen Grundriss und Schnitt mit allen Angaben zur Balkenlage, Schiebeboden, weiteren Bodenaufbau und den aufliegenden Wandkonstruktionen. Dies bedingt, dass im Bereich des Einbauschrankes der Boden sorgfältig denkmalgerecht ausgebaut wird und von unten, EG Balkenlage, der Schiebeboden im Bereich der Binnenwand geöffnet wird.

Massnahmenschritte zum Vorgehen im Rahmen GO60

  1. Notsicherungsmassnahmen Arkade
  2. Erweiterte Sondagen/ Demontagen von Bauteilen zur exakten Feststellung der Schadenstiefe
  3. Denkmalgerechter Rückbau der Innenausstattung und statischer Elemente
  4. Statische Ertüchtigung von fehlenden oder geschwächten Bauteilen
  5. Unterstützende, flankierende Massnahmen Statik & Bauphysik

Sanierungsziel – Statische Massnahmen in der Fussbodenkonstruktion EG

Das Gebäude muss im EG in der Fussbodenkonstruktion und angrenzenden Wandaufbauten zuerst stabilisiert und somit gesichert werden. Anschliessend erfolgen weitere Sicherungsmassnahmen in den darüber liegenden Geschossebene.

  • Der Fussboden ist ein hochwertiger Bauteil mit einem komplexen Aufbau wie: Statik – Bauphysik – Nutzschicht – Wertigkeit als Denkmal
  • Sanierungsziel ist ein mängelfreies Bauteil
  • Die Problemstellung ist nur bei der Wahrung der gegebenen Komplexität in der gesamten Thematik bewältigbar
  • Involvierung aller Beteiligten und Betroffenen ist unabdingbar
  • Vorbereitungszeit – Qualitätsmanagement – Qualitätssicherung der ausgeführten Massnahmen Bauleitung
  • Prozess vieler, kleiner, nachhaltiger Schritte mit hoher Wertigkeit

…..weitere Infos zum Projektablauf folgen demnächst….