Sankt Urban – Der grosse Festsaal mit Tafelparkett nach Versailler Art – (LU)

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Schadensbilder und ihre Ursachen  

Der Fussboden des Festsaales wird in seiner heutigen Nutzung einer mechanischen Belastung ausgesetzt. Im Gegensatz zu seiner anfänglichen Nutzung, bei Feierlichkeiten und Empfängen, wird dieser historische Ausstattungsteil durch ein ständiges Betreten bei Veranstaltungen einer grossen Personenbelastung ausgesetzt.

In der Summe führt dies zu einem beschleunigten Alterungsverhalten an den Verschleissschichten. Die veränderten Nutzungsbedingungen und deutlich höheren Besucherzahlen führen unweigerlich zu irreversiblem Materialverschleiss. Die entstandenen Schäden, wie abgebrochene Ecken, Kratzspuren und Eindrücke von Damenabsätzen, stellen einen substanziellen Werteverlust dar. Auch wenn sie nach einer gelungenen Restaurierung auf den ersten Blick nicht mehr wahrnehmbar sind, geht originale Substanz unwiederbringlich verloren.

Klimaschäden

In der Geschichte des Festsaales ist ablesbar, dass das Raumklima nicht immer ausgewogen war. Das Verhältnis von Temperatur und Luftfeuchtigkeit war über eine längere Zeit nicht optimal. Ebenfalls als grosser Schadensverursacher zeigt sich nun der flankierende Eingriff von 1940, bei dem zusätzlich eine Dampfsperre (Dachpappe) eingebaut wurde. Die Veränderung des Raumklimas führte zu Schäden an den Bodenkonstruktionen wie: Schwundrisse im Massivholz, Fugenbildung durch das Quellen und Schwinden, die Zersetzung der Leimkraft innerhalb der masshaltigen Bauteile der einzelnen Parketttafeln, Krümmungen und Verformungen der Blindbodenbretter bis hin zum Totalverlust von Bauteilen durch holzzerstörende Pilze.

Durch den Einbau einer kontrollierten Lüftung wurde in den letzten Jahren die Klimasituation merklich verbessert. Starke Temperaturschwankungen zwischen Innen- und Aussenklima werden durch gezielte Temperaturregulierung minimiert.

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Abb. 1 Vorzustand, Klimaschäden, Schwundfugen

Biologische Schäden

Eine andere Gefahr stellen die biologischen Schädlinge wie Nagekäfer und Pilze dar. Durch den Einbau der Dachpappe (bauphysikalischer und technischer Mangel), wurde eine Klimasituation geschaffen, welche zum Anstieg der Holzfeuchtigkeit führte. Diese Rahmenbedingungen waren für die Schädlinge optimal und förderten die Entwicklung der holzzerstörenden Pilze. In dieser Bauteilzone, zwischen Blindbodenbretter und Dachpappe, herrschte in den kalten Jahreszeiten eine erhöhte Holzfeuchte mit Bildung von Oberflächenkondensat, die in der Folge zu einem  biologischem Befall führte. Die  holzzerstörenden Pilze sind Brauner Kellerschwamm, Weisser Porenschwamm sowie zahlreiche Schimmelpilze. Die dadurch verursachte Schädigung der Blindbodenkonstruktion zählt zu der grossen Herausforderung, die die Restauratoren zu bewältigen haben. Die betroffene und geschädigte Unterkonstruktion (Blindboden), beträgt  etwa ein Drittel der Gesamtfläche. Das Tafelparkett zeigt an seiner Rückseite Spuren der holzzerstörenden Pilze, kann aber fachgerecht saniert werden.

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Abb. 2 Zwischenzustand, Blindbodenbretter, Formveränderung durch holzzerstörende Pilze

Abb.3 Zwischenzustand  Tafelrückseite, Pilzspuren

Schäden der Vergangenheit 1814 – 1940 – 1965 und jüngere Eingriffe

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Abb. 4 Datierung der Massnahme

Die Fussböden sind die meistgenutzten Elemente einer Gebäudeausstattung. Durch die quellenkundige Nutzungsgeschichte ist ablesbar, dass in der Vergangenheit diese tragenden Gebrauchspuren durch notwendige Reparaturmassnahmen behoben wurden.

In diesen quellenkundigen Baurapporten ist vermerkt, dass Schadensbehebungen im grossen Umfang durchgeführt wurden. Teilweise wurde sogar das gesamte Tafelparkett ausgebaut, repariert und wieder eingebaut. Bei diesen invasiven Eingriffen wurden defekte und abgenutzte Holzteile ausgewechselt. Nach jeder grösseren Reparatur wurde die gesamte Bauteilfläche geschlichtet, geschliffen und neu gewachst. Die Bauteilstärke verringerte sich im Laufe der 265 Jahre um ca.10mm.

Die einzelnen Reparaturphasen sind von ihrer Qualität her sehr unterschiedlich zu bewerten und stellen einen wichtigen Beurteilungspunkt in den auszuführenden Restaurierungsmassnahmen von 2014 dar.

Schäden durch moderne Nutzung

Der gegenwärtige Verschleiss des Fussbodens steht in direktem Zusammenhang mit der Nutzung. Durch steigende Besucherzahlen, sowie durch Zunahme von Sonderausstellungen und Festveranstaltungen, werden die Bodenflächen stark strapaziert. Dieses Nutzungsverhalten stellt eine zusätzliche Herausforderung an die Qualität der Restaurierungsmassnahmen von 2014.

Die tiefen Eindrücke im Fussboden und abgebrochene Füllungsecken sind durch das Begehen mit ungeeignetem Schuhwerk entstanden. Riefen (feine Rillen) und Kratzer in der Holzsubstanz entstanden durch Steinchen und verschieben von Mobiliar.

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Abb. 5 / Tafel R1 Zwischenzustand mit modernen Schäden

Bemerkung

Seit der Entstehung des Tafelparketts wurde es benutzt, überarbeitet und verändert. Um die gesamte Komplexität dieser Eingriffe und ersichtlichen Schäden zu erfassen, müssen sich die Restauratoren einen Überblick erarbeiten. Dies erfolgt mit einer genauen Dokumentation der Bauteilschäden. Diese Schadstellen werden analysiert und einer vertiefenden Ursachenforschung unterstellt. Es erfolgt eine Interessenabwägung zwischen ersichtlichen Bauteilschäden, alten Reparatureingriffen und schadenvorbeugenden Massnahmen.

Bei den Massnahmen werden die historischen Herstellungstechniken von 1749 als oberste Priorität eingestuft. Die Reparatureingriffe von 1814, 1940 und 1965 werden als erhaltenswert beurteilt.

PARKETTRESTAURIERUNG – DARSTELLUNG DER NUTZUNGSGESCHICHTE

In einer vierteiligen Serie der SchreinerZeitung wird gezeigt, wie ein historisch wertvoller Parkettbelag fachgerecht restauriert wurde. Als Beispiel dient der Versailler-Tafelparkettboden im grossen Festsaal des ehemaligen Zisterzienserklosters St. Urban, im Kanton Luzern. Dessen Restaurierung forderte den Beteiligten einiges ab. Ausserdem bringt die Geschichte dieses Parketts interessante Aspekte der verschiedenen Epochen, Handwerker und deren Arbeitsweise ans Licht.

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